Sachverhalt Eheführungsunfähigkeit

Matthäus und Maria[1]

 

Matthäus erfreute sich als Kind großer sportlicher Erfolge, doch dann erblindete er aufgrund einer seltenen Krankheit an einem Auge. Die überbeschäftigte Mutter und der introvertierte Vater boten ihm kaum Unterstützung in dieser schwierigen Zeit. Den Sport musste er aufgeben und zog sich aus Scham von seinen Freunden mehr und mehr zurück. Im Glauben fand er ein wenig Trost. So begann er nach dem Gymnasium, Theologie zu studieren und trat ins Priesterseminar ein. Dieses verließ er aber bald wieder, weil er das Zusammenleben mit den anderen Seminaristen auf so engem Raum nicht ertrug. Von der Abgeschiedenheit eines Benediktinerklosters angezogen, verbachte er dort ein „spirituelles Jahr“ für Laien. Die monastische Gemeinschaft empfand er zwar als bedrückend, doch lernte er dort Maria kennen, die ebenfalls ein „spirituelles Jahr“ verbrachte. In ihrer Nähe lebte er wieder auf, sie lernten sich schätzen und heirateten schließlich. In zwölf Ehejahren wurden drei Kinder geboren, doch für Maria wurde das Zusammenleben mit Matthäus zunehmend unerträglich. Es häuften sich Phasen, in denen er kaum etwas aß, nichts arbeitete und nur im Bett herumlag. Obwohl ihm das leidtat und er sich anstrengte, fiel er immer wieder in solche Phasen zurück. Kaum einen Arbeitsplatz behielt er länger als ein Jahr, weil er mit den Mitarbeitern und Vorgesetzten nicht zurechtkam. Verhaltensstörungen seines Sohnes wollte er nicht wahrhaben und weigerte sich, an der Therapie mitzuwirken. Den Gebetskreis, den Matthäus und Maria früher gemeinsam besuchten, bezeichnete er nun als verlogenen und heuchlerischen Haufen und verbot ihr, weiterhin daran teilzunehmen. Als ihr der Kragen platzte, ließ sie sich scheiden und reichte auch eine Ehenichtigkeitsklage beim Diözesangericht ein. Das psychologische Sachverständigengutachten stellte fest, dass Matthäus durch die Erblindung im Kindesalter ein Trauma erlitt, weshalb er eine depressive und asoziale Persönlichkeit entwickelte. Diese machte es ihm unmöglich, auf Dauer engere Bindungen einzugehen, sei es in einem geistlichen Beruf, in der Arbeit oder in der Partnerschaft.

 

[1] Orientiert an: Rota Romana, coram Defilippi (23.04.2009), in: StudCan 51 (2017) 637-660.

 

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